Bis sich ein Cannabiskonsument aufgrund des eigenen Suchtverhaltens Hilfe sucht, vergehen oft viele Jahre. In den meisten Fällen gibt es existentiell verändernde Geschehnisse, aufgrund derer der eigene Konsum (nicht mehr nur ab und zu) grundlegend hinterfragt wird.
Jeder Cannabiskonsument hat einerseits durch Cannabis und seine direkte Wirkung, andererseits durch die bei langfristigem Konsum entstandenen Nebenwirkungen im Alltag eine zwiegespaltene Haltung seinem Konsummittel. Die Vorstellung sich von Cannabis zu lösen, ein abstinentes Leben zu führen, kann Gefühle von Überforderung auslösen. Cannabis war oft ein täglich mehrfach durchgeführtes Ritual, verknüpft mit Alltagsverhalten, wie Feierabend, Freunde treffen. Der Konsum war ein Begleiter, der nicht nur in den Alltag integriert war, sondern auch geholfen hat diesen zu bewältigen.
Kontrollierter Konsum
Möchte jemand seinen Konsum einschränken, ist der erste Schritt herauszufinden, welche Strategien für ihn hilfreich sein können. Konsumregeln für einen kontrollierten Konsum werden schriftlich niedergelegt und mit speziellen Techniken ein Selbstwirksamkeitskonzept mit externer Kontrolle erarbeitet. Dann schauen wir, ob sich der Konsum kontrollieren lässt. Auch wenn so vielleicht nur sehr kleinschrittige Veränderungen von dem Cannabiskonsumenten vorgeschlagen und erreicht werden, ist jegliche Reduktion besser als der Status Quo. Insbesondere bei langjährigen Dauerkonsumenten nimmt dieses Vorgehen den Druck, sich vollends von Cannabis verabschieden zu müssen.
Egal ob eine Kontrolle möglich ist oder nicht, wird Konsumreduktion daraufhin betrachtet, ob sie ein realistisches und sinnvolles Ziel ist (Dauer der Abhängigkeit, die Anzahl der Therapie- bzw. Abstinenzversuche). Kontrollierter Konsum ist keine komplette Illusion, funktioniert aber nur sehr selten. Die Gefahr, sich selbst zu täuschen („Ab morgen wieder weniger, heute ist eine Ausnahme…“) ist sehr hoch.
Abstinenz und kontrollierter Konsum haben beide ihre eigenen Herausforderungen: kompletter Verzicht vs. Selbstdisziplin. Die „Suchtstrukturen“ im Gehirn sind nicht „löschbar“, aber „veränderbar“. Es geht also darum, einen passenden Umgang zu erarbeiten, der im Alltag langfristig umgesetzt werden kann.
Funktioniert die Kontrolle nicht und kann der Cannabiskonsument sich eingestehen, dass Cannabis ihn kontrolliert, erarbeiten wir die Konsummotive, neue Lösungsstrategien und erreichen so eine stabile Abstinenzmotivation.
Warum kann Psychologie helfen?
Beide sorgen für neue Perspektiven auf die Realität. Cannabis nutzt dazu das Endocannabinoidsystem und verändert dadurch zeitlich begrenzt die Selbst- und Fremdwahrnehmung. Cannabis zu konsumieren ist einfach, ähnlich einer Pille zur Stimmungsänderung verführt es viele Menschen dazu, es immer häufiger zu nutzen, um, eine dauerhaft veränderte Wahrnehmung zu erreichen. Sehr verständlich, denn das Leben im Alltag ist oft anstrengend und unbefriedigend.
Psychologie kommt ohne stoffliche Mittel daher, sie kann helfen, einen Perspektivenwechsel zu erreichen, der Hilfsmittel stofflicher Natur unnötig erscheinen lässt. Das ist vielleicht anstrengender als Konsum, dauert länger, hält aber auch länger vor. Gemeinsam haben Konsum und Psychologie jedoch, wer sich für einen dieser Wege zur Änderung der Perspektive entscheidet, wird immer wieder etwas dafür tun müssen, konsumieren oder sich reflektieren.
Ich persönlich möchte aktiv selbst entscheiden, wie ich mein Leben gestalte. Die Haltung eine möglichst umfassende persönliche Freiheit in der Lebensgestaltung zu erreichen, ohne Fremdbeeinflussung durch Konsum oder die Prägungen von Perspektiven in der Vergangenheit, gebe ich gerne weiter.
Psychologische Praxis – Petra Dahl